tierpark

Wönzel-von Ützel

Айнигес им Синн

Früher (so unser guter Freund Bartolomé) früher habe ich Gedichte geschrieben, und dann (er, ja!) dann also Geschichten die etwas melodramatisch oder zumindest pathetisch und vielleicht auch nicht sehr gut waren. Heute hingegen bloss noch dieses halb reflektierte, halb écriture automatique mässige mitternächtliche - ach, man hätte dazu vielleicht mal Fragment gesagt und Herrscharen hätten sich später darübergebeugt "und aus einem Tintenklecks Hölderlins Hegels Logik rekonstruiert".

auch etwas ruhe wäre vonnöten.

Ich hörte auf zu kauen und dachte nach. Sie ist wahnsinnig attraktiv, sagte Klumpfuss in die Stille hinein.
Auch das ist schon einige Jahre her. Leonard, ich meine Ludmilla, soll, so hört man heute, zeitweilig in einem Sanatorium gewesen sein, wo sie, gemäss nur mir einsehbaren Krankenakten, mit dem Chefarzt eine mehrjährige Beziehung gepflegt haben solle. Manche Leute kolportieren dass jener äusserst seriöse Mann unsere gute und gutaussehende Ludmilla, trotzdem er ziemlich bald herausfand, dass seiner hübschen Patientin “ausser etwas Ruhe überhaupt nichts fehle”, noch lange Zeit bei sich behalten habe.
Als ob er es nötig gehabt hätte: es gab damals gleich reihenweise hübsche reiche Irre und Iren in seiner Anstalt.
Überhaupt war diese Anstalt damals – le palace, oder es im Volksmund hies: Laplace the place to be, wie der Engländer sagt; zum Beispiel jener, welchem ich gestern im Tram gegenüber gesessen bin und der mir sagte, ohne das ich ihn gefragt hatte: well well well, Berlin is definitely no longer the Nabel der Welt, to use a façon de parler qu’il aime very much. Als junge Dame von Welt, so der Engländer oder vielleicht wars ein Ire, musste man damals auf jeden Fall in jenem hochrenommierten Sanatorium gewesen sein. Hochrenomierte Sanatorium wie dieses gibt es heutzutage, sagte er mit Nachdruck, natürlich nicht mehr. Natürlich nicht.
Zumindest so schreibt es Karl Klumpfuss, der Dichter, in seinem neuen Buch welches heisst: Sanatorium wie das in dem Ludwig zu Ludmilla wurde gibt es heutzutage nicht mehr, wie im neuen Buch von L.L., dem begnadeten aber etwas hinterhältigen Autor, Dichter und Fernsehmoderator, steht und geschrieben steht und geschrieben stehen wird gestanden haben wird worden ist sein wurden. Es ist ein wunderbares Buch.

Sich im Geiste genüsslich auf die Schenkel klopfen und tatsächlich leise hüsteln und zum Nachbarn rüberzwinkern.

Die neue Biederkeit ist ein Thema, das uns alle beschäftigt. Nastassja zum Beispiel achtet wieder darauf, möglichst weiblich zu wirken. Letzthin erzählte sie mir: sie mag das Rauschen der Heizung, das Knarren der Schritte in der Wohnung über ihr, das Knallen der Haustüre, das die Wände erschüttert, sie mag, sagte sie, den esoterischen oder vielleicht wars auch den erotischen Singsang der vor ihrem Fenster "sich an der Hauswand entlanghangelnden religiösen Gruppen, welche derzeit Hochkunjunktur haben". Ich staunte da zuerst. Ich dachte, Nastassja sei vielleicht betrunken oder berauscht oder sonstwie verwirrt. Aber nein, sagte sie, hast du das noch nicht mitbekommen: es gibt keinen Boden mehr. Es gibt keinen Boden mehr? fragte ich und runzelte vielleicht auch meine Stirn, weil ich mal gehört hatte, dass man das macht, wenn man Fragen stellt in diesem ganz besonderen Tonfall. Es gibt ihn einfach nicht mehr, sagte sie und lachte hell auf. Ich mag das Rauschen der Heizung, sagte sie, das Knarren der Schritte, das Knallen der Haustür. Ich mag das bläuliche Licht im Winter, Sommers die wohltuende Grüne, im Herbst die leichte Melancholie. Eines, sagte sie, nach dem anderen.

Orte die mit Gefühlen verbunden sind.

Heute bin ich eine Strecke mit der SBahn gefahren und alles kam zurück. Diese Strecke ist mit schlechter Stimmung verbunden. Ganz ähnlich auch nun wo's wieder schön und warm und frühlingshaft wird (und etwa 90% aller twoday-Seiten davon schwärmen), erinnert es mich an letztes Jahr und daran, wie zum Beispiel Sachen passierten, die nicht so schön waren. Ohne jetzt darauf näher einzugehen. Für mich also (das ist jetzt natürlich alles nur Figurenrede), für mich also, sagte Bartolomé, für mich also geht dieser Frühling, der in allen Blogs in den Himmel hoch gelobt wird, vielmehr den Bach runter.
Warum nur die Erinnerungen so an Äusserlichkeiten geknüpft sind? Ich meine, nur weil er diese... und... und..., ich meine..., das war das doch kein Grund für sie..., mit ihm...? Ich meine, sagt Bartolomé hilflos. Auf jeden Fall. Es ist jetzt so, dass... Diese Stadt, in der ich einige sehr glückliche Jahre verbrachte, erinnert mich viel zu stark daran, als das ich noch jemals dort leben könnte. Genauso wie diese Sbahn, mit der ich heute fuhr, mich an Zeiten und Stimmungen erinnert, die ich lieber vergessen würde.
Vielleicht, so sagt Bartolomé, sind Ortsveränderungen der Versuch, all diesen Erinnerungen, die in Gegenständen und Gerüchen und Farben und Wetterlagen liegen, zu entfliehen. Sehr wahrscheinlich. Nun gut, aber vielleicht holen sie einem immer wieder ein, egal wo man ist: sie lauern einem hinter der nächsten Hausecke auf oder in einem plötzlichen Lächeln. Man ist dann so hilflos ausgeliefert, dass man an's andere Ende der Welt gehen könnte, und doch nicht davon käme.
Ich könnte jetzt noch etwas zitieren (sagt Bartolomé und nimmt ein Büchlein zur Hand, in dem er umständlich blättert, sich räuspert und dann spricht, vielleicht mit sonorer Stimme): "Ebenso ist es mit unserer Vergangenheit. Vergebens versuchen wir sie wieder heraufzubeschwören, unser Geist bemüht sich umsonst. Sie verbirgt sich außerhalb seines Machtbereichs und unverkennbar für ihn in irgendeinem stofflichen Gegenstand (oder der Empfindung, die dieser Gegenstand in uns weckt); in welchem, ahnen wir nicht. Ob wir diesem Gegenstand aber vor unserem Tode begegnen oder nie auf ihn stossen, hängt einzig vom Zufall ab." (Marcel Proust: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit)

Der völlige Verlust des Menschen in der besten aller Welten.

Jener unten erwähnte Roman wurde auch schon verschiedentlich in der Presse besprochen, und zwar durchaus nicht nur in lobender Erwähnung, vielmehr überwiegend kritisch bis hin zu entgeistert, entsetzt und empört. Zum Beispiel Claude-Heinrich-Otto Ürschel in der Seriösen Literaturnotizen:
"Kleine Mädchen schauen gegenüber aus dem Fenster hinunter auf den tosenden Verkehr und hinüber durch mein erleuchtetes Fenster in mein Arbeitszimmer hinein, wo ich vor diesem Machwerk sitze, welches ich lesen muss, wenn auch nur, um es zu zerreissen, soviel ist mir schon klar und wird klarer noch bei jeder Seite. Ich bin entgeistert, gar entsetzt und empört. Ich werde diesen verschiedentlich in der Presse erwähnten Roman nicht nur kritisch erwähnen, wie die stummelzahnige Konkurrenz, sondern vernichtend zerreissen.
Hinter dem angeblichen Autor 'Justus Wönzel-von Ützel' verbirgt sich, wie man allein schon am lächerlichen, alles was wir hoch und heilig schätzen karrikierenden Namen erkennen kann und wie hochseriöse ungenannt bleiben wollende Informanten mir mitteilten, eine Kunstfigur eines revolutionären Autorenkollektivs, welche was von Kultur übriggeblieben ist von innen aushöhlen und zerfressen wollen. Erst wenn die Dummheit global gesiegt habe, so ihre Vorstellung und Auffassung, welche zweifellos falsch, schlecht, unverantwortlich und in höchstem Masse geistig verwirrt ist, erst durch (ich zitiere aus einem öminösen Email) den dadurch erzielten völligen Verlust des Menschen sei die völlige Wiedergewinnung des Menschen zu erzielen. Diesen dialektischen Schwachsinn soll also unser untergehendes Abendland retten. Nicht mit uns. Kaufen sie das Buch nicht. Eine andere Welt ist nicht möglich; wir leben schon in der besten aller Welten. Was wirklich ist, ist vernünftig, und was vernünftig ist, ist wirklich."

Auszug. Nastassja, Bartolomé und Westeuropa.

Nun aber machen wir erstmal eine Themapause - wir setzen hier den Auszug des unten besprochenen Romans fort - und blicken uns etwas in den Trümmern der jüngsten Weltgeschichte um. Denn die gesellschaftliche Praxis wirkt auch auf das Denken und Handeln von Menschen wie Nastassja und Bartolomé ein; wobei die Veränderungen, welche die beiden durchaus auch bewirken oder besser hervorrufen können, laufen meist hinter ihrem Rücken ab, ausserhalb ihres Wissens und Wollens; vielleicht müssten unsere zwei Protagonisten also gar nicht Thema dieses Romans sein, der von ihnen handelt?
Nastassja und Bartolomé leben in Westeuropa, erstere allerdings in der Grossstadt B., letzerer im schönen Z., und so wird ein spannender Aspekt unseres Romans sein, unter welchen Umständen sie überhaupt zusammenfinden, es kommt nämlich hinzu, dass sie auch einige Jahrhunderte voneinander entfernt leben dass sie verschiedene Bücher lesen dass sie... nun, wir werden ja sehen, welche Gemeinheit ich mir ausdenken werde, die sie auseinander halten soll.
Die sozialen Praktiken Westeuropas sollen also hier primäres Thema sein hier. Wobei ich allerdings nicht vorhabe, Sie durch seitenweise Forschungsliteratur durchzujagen. Diese Arbeit habe ich Ihnen abgenommen. Was sie zu Gesicht bekommen auf den folgenden sagen wir Mal grob geschätzt zweihundert Seiten sind einige exemplarische Leben. Dass es bisweilen etwas klischiert wirken mag, liegt in der Natur der Sache. Diese Skizze wird Grundlage sein, auf welche die Erzählung von der schönen Nastassja, von der Sie alle schon begierig sind zu hören, und dem gut- und treuherzigen, jedoch von ihm unbewussten Begierden und Zwängen angetriebenen Bartolomé aufbauen wird.

Kurzum, schloss er, es geht um Körperöffnungen.

Die Sexheldin des neuen Romans von Justus Wönzel-von Ützel, hat letzthin einer gesagt, sei eine junge, hübsche und sehr gut aussehende, zudem auch äusserst kluge und zu ihrem guten Glück auch reiche Russin mit dem wunderbaren Namen Nastassja. Ich muss es so nennen, fuhr er angesichts des Stirnrunzelns eines anderen fort, geht es doch in jenem neuen Roman des sehr gebildeten Autors Wönzel-von Ützel fast ausschliesslich um Sex, zudem allerdings auch, ergänzte er nachdenklich, um Essen und Trinken; kurzum, schloss er, es geht um Körperöffnungen und ihrem so mannigfaltig wie mannigfachen Gebrauch.
Der Roman, der 2006 beim Ephemer Verlag erschienen ist, beginnt mit einer seitenlangen Aneinanderreihung von Zitaten aus Wohlfühl-, Wohnrevue-, Wir-Eltern-, Partnerschafts-, Freundschafts-, Frauen-, Mode-, Männer- und Lifestyle-Magazinen - um uns, wie der Autor in einem Interview sagte, "einzustimmen auf den Diskurs unserer traurigen geistlosen Zeit, welcher bis zum Exzess reproduziert wird in den so so mannigfaltig wie mannigfachen Magazinen, welche wir lesen, wenn wir im Wartezimmer unserer Ärzte sitzen und die Worte zusammenzuklauben versuchen, mit welchem wir der Ärztin oder dem Arzt von unseren Erektionsstörungen, Verdauungsproblemen und Soziophobien berichten werden" (Constraint-Magazin, November 2006) - und hebt dann an mit dem tiefsinnigen Absatz, an dem sich Heerscharen die Zähne ausbeissen und die Köpfe wunddenken werden, sofern der Roman, was man ihm doch sehr wünschen würde, überhaupt zur Kenntnis genommen wird, was leider nicht selbstverständlich ist - es kann sein, dass er von der Aufmerksamkeitsmaschinerie nicht erfasst wird; hier nun also der Absatz: Das Paar. Wenn beider Teile Lippenschleimhäute einander berühren, so ist das ihr höchstes Glück. Nastassja, eine junge, hübsche und sehr gut aussehende, zudem auch äusserst kluge und zu ihrem guten Glück auch reiche Russin und Bartolomé Las Casas, einen kahlköpfigen Intellektuellen, sind die Sexhelden dieses Romans. Nun aber machen wir erstmal eine Themapause und blicken uns etwas in den Trümmern der jüngsten Weltgeschichte um...
Dies bloss ein kurzer Vorabbericht eines Buches, welches uns hier, wie wir vermuten, noch längere Zeit beschäftigen wird.

on the same morning, or a couple of days later, on the terrace.

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oh, they don't go to sleep, quelle idée.

Discontinued
nämlich ist ab Mai 2010 hochzusammengesetzt abgeschlossen...
hochzusammengesetzt - 14. Sep, 20:37
So, so. Wieder heimlich...
So, so. Wieder heimlich am Schreiben.
nuss - 25. Mai, 13:39
Eine thierisch und ekelhaft...
Während Otto Brodt sich noch immer in sein Studierzimmer...
hochzusammengesetzt - 23. Mai, 19:21
zum Tag der Arbeit
Brutal ist das, sagte er mit Nachdruck, total abartig...
hochzusammengesetzt - 24. Aug, 00:35

dostoevski liked it with raspberry syrup.

reconstruct the deepest past.

 

stop saying 'the player'. it is either you or me.

Online seit 6306 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 14. Sep, 20:37

firmly outlined with the point of a stick.

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